Über Wilhelm Hausenstein
Aktualisiert: 21. Mai 2025
Wilhelm Hausenstein war ein universal gebildeter Mensch, der als Reiseschriftsteller, Kunstschriftsteller, -kritiker, -historiker und -soziologe zugleich Maßstäbe setzte, die unverändert gültig sind.
Er wurde in Hornberg geboren, besuchte in Karlsruhe das Gymnasium und in Heidelberg die Universität und vertrat wie kaum ein anderer das, was im besten Sinne badisch ist – ohne provinzielle Enge, aber mit Scharfsicht und dem Scharfsinn dessen, der die Welt kannte und in der Fremde begriff, was die Heimat bedeutet.
Er war, gerade als Badener, ein Brückenbauer zum Nachbarn: als Literat und als Diplomat hat er, und zwar unter großen Schwierigkeiten, nach 1945 die Partnerschaft mit Frankreich neu begründet. Und dies konnte nur gelingen, weil er schließlich auch ein vorbildlicher Mensch war, der seiner Überzeugung treu blieb, auch als es ihn, in finsteren Zeiten, fast das Leben kostete.
Timeline Wilhelm Hausenstein
- 1882
Wilhelm Hausenstein wird am 17. Juni 1882 in Hornberg im badischen Schwarzwald geboren; sein Vater ist großherzoglicher Finanzbeamter, seine Mutter die Tochter des “Bärenwirts” in Hornberg.
- 1891 - 1900
Humanistisches Gymnasium in Karlsruhe
- 1906
Paris: Vorleser der im Exil lebenden Königin Marie-Sophie von Neapel-Sizilien, Schwester der Kaiserin Elisabeth von Österreich.
- 1907
Eintritt in die Sozialdemokratische Partei; intensive Mitarbeit in den Arbeiter-Lehrkursen und an den „Sozialistischen Monatsheften“. Hierdurch wird die geplante Habilitation unmöglich gemacht. Freier Schriftsteller. Nachträglich Beginn des Studiums der Kunstgeschichte.
- 1908
Ausgedehnte Reisen nach Frankreich, Belgien, Österreich, Italien, Holland, später auch Dänemark, Griechenland und Kleinasien.
- 1910
Erstes Buch: „Der Bauern-Bruegel“ (erste deutsche Monographie über den Maler). Dann: „Rokoko. Französische und deutsche Illustratoren des 18. Jahrhunderts“; „Der nackte Mensch in der Kunst aller Zeiten und Völker“, etc.
- 1916 - 1917
Mitglied der Pressesektion der Politischen Abteilung beim deutschen Generalgouverneur in Brüssel. Redakteur des „Belfried“, Brüssel; Beginn der Mitarbeit bei der „Frankfurter Zeitung“. Hausenstein lernt in Brüssel seine spätere Frau, Margot Lipper, kennen. Intensive Studien zum Barock.
- 1918
Publizistische Tätigkeit: „Frankfurter Zeitung“, „Münchner Neueste Nachrichten“; Mitherausgeber des „Neuen Merkur“.
- 1919
Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei, weil sie ihm in einem gefährlichen Kompromiss mit der Rechten zu stehen schien. Heirat mit Margot Lipper, München; Trauzeugen: Rainer Maria Rilke und Emil Preetorius. Bücher über den Isenheimer Altar, den Expressionismus in der Malerei und Paul Klee.
- 1922
Geburt des einzigen Kindes; nach Rainer Maria Rilke auf den Namen Renée-Marie getauft.
- 1923
Lunacarskij veröffentlicht in Moskau eine große Abhandlung über Hausensteins Arbeit, insbesondere seine Soziologie der Kunst.
- 1926
In der Sowjet-Enzyklopädie erscheint von Hausenstein ein großer Beitrag über das Barock. Hauptwerke: „Kunstgeschichte“, „Rembrandt“; es folgen Monographien über Giotto, Fra Angelico, Carpaccio, etc.
- 1933
Auf Weisung der Münchner Staatspolizei fristlose Entlassung aus der Redaktion der „Münchner Neuesten Nachrichten“.
- 1934 - 1943
Schriftleiter „Literaturblatt“ und „Die Frau“ der „Frankfurter Zeitung“.
- 1936
Verbot, Bücher zu veröffentlichen. Einstampfung der „Kunstgeschichte“, weil Hausenstein sich weigert, jüdische Künstler zu streichen und die Moderne im Sinne der Ausstellung „Entartete Kunst“ zu verwerfen; in dieser Ausstellung wird er als „entarteter Künstler“ angeprangert.
- 1940
Übertritt vom Protestantismus zum Katholizismus.
- 1942
Emigration der Tochter nach Brasilien.
- 1943
Fristlose Entlassung aus der „Frankfurter Zeitung“ wegen seiner jüdischen Ehefrau. Verbot jeglicher publizistischen Tätigkeit.
- 1944 - 1945
Vollzug der Deportation auf Weisung der Geheimen Staatspolizei unterbleibt in letzter Stunde aufgrund der voranschreitenden Auflösung. Arbeit an „Lux Perpetua“ (Autobiographie), an Übersetzungen französischer Gedichte des 19. Jahrhunderts und anderen Büchern, die dann nach 1947 in dichter Folge erscheinen.
- 1945
Mitbegründer der “Süddeutschen Zeitung”; Mitarbeiter der “Badischen Zeitung”, der “Neuen Zeitung”, der Zeitschriften “Hochland”, “Wandlung” und “Gegenwart”.
- 1948
Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste; 1950 deren Präsident. Präsident der (deutsch-französischen) Schickele-Gesellschaft.
- 1949
Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz; Ehrenmitglied der Academia Goetheana in São Paulo, Brasilien. Hebel-Preis des Badischen Staates.
- 1950
Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt; Mitglied des PEN-Club.
- Juli 1950
Konrad Adenauer beruft Hausenstein als Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland nach Paris.
- 1951
Chargé d’Affaires der Bundesrepublik Deutschland in Paris.
- 1952
Verleihung des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband.
- 1953
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Paris (ad personam).
- 1954
Literaturpreis der Stadt München.
- 1955
Grand Officier de la Légion d’Honneur als erster Deutscher in diesem Jahrhundert. Verleihung des Professorentitels durch das Land Baden-Württemberg.
- Mai 1955
Wilhelm und Margot Hausenstein kehren von Paris nach München und Tutzing zurück. Hausenstein arbeitet wieder als freier Schriftsteller; sein Werk umfasst inzwischen etwa 80 Bücher und unzählige Beiträge für Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunk.
- 1957
Wilhelm Hausenstein erliegt am 3. Juni einem Herzinfarkt und wird auf dem Friedhof von St. Georg in München-Bogenhausen begraben.
Nach Wilhelm Hausenstein wurden benannt:
1965 – ein Promenadenweg in den Maximiliansanlagen in München
1972 – das Neusprachliche Gymnasium an der Elektrastraße in München, Neu-Bogenhausen
1982 – die Grund- und Hauptschule in Hornberg
1982 – eine Allee in Karlsruhe (ehem. Knielinger Allee)
1990 – das Gymnasium in Durmersheim
Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium
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